Dienstaufsichtsbeschwerde oder Fachaufsichtsbeschwerde

Wenn der Chef gegen Vorgaben verstößt und die Aufsichtsbehörde pennt, kann eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder Fachaufsichtsbeschwerde helfen. Doch was ist das, wo liegt der Unterschied und wann ist es erforderlich?

Die Vorschriften im Arbeitsschutz dienen einzig und allein dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Deswegen ist ein Unternehmer gut beraten, diese Regeln einzuhalten und die vorgegebenen Maßnahmen umzusetzen. Weil das manchmal nicht so einfach ist, gibt es Berater, also die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und die Betriebsärzte.

Wenn der Unternehmer die Hinweise von der Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem Betriebsarzt ignoriert oder nicht ernst nimmt, so kann dies ernsthafte Probleme für das Unternehmen nach sich ziehen. Die Hinweise auf Mängel und daraus resultierende Verbesserungsvorschläge der genannten Akteure, sind oft darin begründet, dass eine akute Unfallgefahr besteht, oder dass gesetzliche Regeln nicht eingehalten werden. Wenn es immer wieder Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gibt, also die Mitarbeiter in großem Umfang Überstunden ableisten müssen, oder keine Pausen machen dürfen, kann dies zu einem erheblichen Unfallrisiko führen. Denn Aufmerksamkeit und Konzentration können dann erheblich beeinträchtigt werden. Unabhängig davon ist die psychische Belastung enorm. Das damit verbundene Risiko für Fehltage, aufgrund von psychischen Krankheiten, steigt deutlich.

Diesem Mangel gilt es abzustellen und alle Mitarbeiter damit zu schützen. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit und auch der Betriebsarzt haben die Aufgabe, nach §6 ASiG „Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit“, den Unternehmer immer wieder auf diesen Missstand hinzuweisen. „Sie sollen darauf hinwirken dass…“

Wenn der Arbeitgeber diesen Hinweisen nicht nachkommt, kann er dafür verschiedene Argumente anbringen. Das kann Personalmangel, Geldmangel und andere Gründe haben, wobei die beiden ersten Begründungen im Alltag die häufigsten Ausreden sind. Allerdings darf dies nicht auf Kosten der Mitarbeitergesundheit gehen. Die Führungskraft kommt dann ihrer Fürsorgepflicht nicht mehr nach.

Deshalb stellt sich die Frage, was es dann zu tun gilt

Die Möglichkeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes sind nun allerdings beschränkt. Ähnlich wie ein Rechtsanwalt oder ein Steuerberater beraten beide Instanzen den Arbeitgeber. Wenn sich der Chef nicht an der Beratungsleistung orientieren möchte oder kann, liegt es nicht in der Aufgabe der beiden Akteure eine höhere Distanz, z.b. die Aufsichtsbehörde, einzuschalten. Diese Möglichkeit haben nur die Beschäftigten selber.

In Unternehmen, die eine Personalvertretung (Betriebsrat oder Personalrat) haben, sind dies die geeigneten Ansprechpartner, um ein wenig Druck gegenüber dem Arbeitgeber auszuüben. Diese Instanzen dürfen auch an die Aufsichtsbehörde herantreten. Gibt es im Unternehmen keine Personalvertretung, so bleibt dieses Vorgehen an den Beschäftigten selber kleben. Genau das ist dann Problem.

Welche Institutionen gibt es in Deutschland?

Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn es nicht mehrere Institutionen geben würde. Ein unmittelbarer Ansprechpartner ist die nächst höhere Instanz. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Berufsgenossenschaften, für den öffentlichen Dienst auch Unfallkassen genannt, und auf staatlicher Seite ist es die Gewerbeaufsicht.

Die Gewerbeaufsicht hat die Möglichkeit in die Unternehmen zu gehen. Das kann sie auch unangemeldet tun, um sich die Arbeitsplätze anzuschauen. Sobald die Gewerbeaufsicht aufkreuzt, muss Sie aber dem Unternehmer mitteilen, dass sie im Haus ist. Bei dem Besuch werden rechtliche Vorgaben überprüft. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, wird seitens der Behörde darauf hingewiesen und es wird ein Mängelprotokoll geschrieben. Darin wird eine Frist gesetzt, bis wann die Mängel zu beheben sind. Geschieht das nicht, kann die Gewerbeaufsicht den Betrieb stilllegen oder auch Ordnungsgelder verhängen. Das Ausmaß der Strafe hängt immer davon ab, um welchen Mangel es sich handelt. Ähnliche Möglichkeiten haben die Berufsgenossenschaften und die Unfallkassen. Allerdings ist es immer leichter für die Gewerbeaufsichtsämter über geltendes Recht zu wachen.

Dienstaufsichtsbeschwerde oder Fachaufsichtsbeschwerde – wenn die Behörde pennt

Sobald Hinweise an die entsprechende Behörde gegeben werden, ob anonym oder nicht, ist sie verpflichtet in den Betrieben nach dem Rechten zu sehen. Tut sie das, ist alles im geregelten Fluss. Wird die Gewerbeaufsicht nicht aktiv, dann bleibt das Mittel eine Beschwerde einzulegen.

Dabei wird zwischen einer Dienstaufsichtsbeschwerde und einer Fachaufsichtsbeschwerde unterschieden. Die Grundlage für das Beschwerderecht ist im Grundgesetz, Artikel 17, verankert.

Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ (§17 GG „Petitionsrecht“)

Was ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde?

Wenn ein bestimmter Mitarbeiter der Behörde nicht handelt oder eine falsche Entscheidung trifft, kann man gegen die handelnde Person eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Diese Dienstaufsichtsbeschwerde richtet sich immer gegen eine konkrete Person und deren Handeln bzw.  nicht Handeln und wird in der Regel an den Vorgesetzten des Amtes gerichtet. Dort trägt man formlos den Grund für die Beschwerde vor, begründet den Sachverhalt und fordert eine Änderung der Entscheidung. Im Falle dessen, dass eine bestimmte Person nicht tätig wird, kann man von dem Vorgesetzten verlangen, diese anzuweisen etwas zu tun. Wenn das auch keine Erfolge hat, aber tatsächlich in einem Betrieb ein offensichtlicher Mangel besteht, ist die nächst höhere Instanz der Gewerbeaufsicht das Regierungspräsidium. Dort kann die Beschwerde genauso vorgetragen werden. In diesem Fall ist die „Aufsichtsbehörde der Aufsichtsbehörde“ verpflichtet, der Sache nachzugehen.

Wird die Untätigkeit eines Mitarbeiters der Gewerbeaufsicht, oder dessen Entscheidung in einem speziellen Fall, auch von dem Vorgesetzten des Gewerbeamtes unterstützt, handelt es sich nicht um eine personelle Angelegenheit, sondern um eine Entscheidung, die das gesamte Amt betrifft. In dem Fall wird aus der Dienstaufsichtsbeschwerde eine Fachaufsichtsbeschwerde.

Dienstaufsichtsbeschwerde oder Fachaufsichtsbeschwerde

Wenn sich eine Entscheidung nicht nur auf eine Einzelperson bezieht, sondern von einem ganzen Amt unterstützt wird, ist es notwendig die komplette Sachlage zu hinterfragen und eine Entscheidung des Amtes in Frage zu stellen. Aus diesem Grund wird eine Fachaufsichtsbeschwerde notwendig. Der entscheidende Unterschied zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde ist der, dass sich eine Fachaufsichtsbeschwerde nicht gegen eine konkrete Person richtet, sondern gegen eine behördliche Entscheidung. Das kann eben auch die Entscheidung nichts zu tun, sein. In dem Fall ist es prinzipiell ratsam, sich an das Regierungspräsidium zu wenden. Dort wird man die Entscheidung der Gewerbeaufsicht überprüfen und gegebenenfalls die Mitarbeiter veranlassen, tätig zu werden. In dem Fall wird die Gewerbeaufsicht angewiesen, den Hinweisen bzgl. eines Verstoßes des Arbeitgebers nachzugehen. Auch die Fachaufsichtsbeschwerde kann formlos eingereicht werden. Dabei muss der Sachverhalt geschildert und es müssen Begründung abgegeben werden. Im Sinne der Erläuterung kann die vorhergehende Korrespondenz eingereicht werden.

Die Behörde teilt den Eingang der Beschwerde mit samt den Unterlagen mit, und verweist eventuell darauf, dass der Vorgang an eine andere zuständige Behörde weitergegeben wurde. Daraufhin wird einige Zeit vergehen und die Behörde setzt einen behördlichen Vorgang in Kraft und meldet sich nach Abschluss der Ermittlungen wieder mit dem Ergebnis. Oftmals wird man staunen, dass ich Dinge bewegen, die vorher nicht beweglich waren.

Das funktioniert wunderbar, übrigens mag auch das Finanzamt solche Beschwerden nicht, wenn die Oberfinanzdirektion solche Verwaltungsakte ins Rollen bringt. Es gibt leider Fälle, in denen es erforderlich ist, sowohl die Gewerbeaufsicht, als auch das Finanzamt dazu zu bewegen, die einfachsten Aufgaben zu erledigen.

Welche Rolle spielt die Fachkraft für Arbeitssicherheit bei einer Fachaufsichtsbeschwerde?

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist nicht die geeignete Instanz um eine Fachaufsichtsbeschwerde einzureichen. Allerdings kann sie es in bestimmten Fällen als Privatperson tun. Nämlich dann, wenn sie Kenntnis davon erhält, dass offensichtliche Verstöße in anderen Betrieben bekannt werden. In diesem Fall tritt die Sicherheitsfachkraft aber nicht als Sicherheitsfuzzi in Erscheinung, sondern als Privatperson. Das Recht hat dann aber jeder (Artikel 17 GG).

Im Rahmen der behördlichen Überprüfungen, kommen die Mitarbeiter der Behörden in den Betrieb. Das ist auf jeden Fall der Zeitpunkt, ab dem auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit involviert wird. Diese ist meistens bei den Gesprächen zwischen Führungskraft und Behörde dabei und kann den Unternehmer dabei unterstützen, entsprechende Lösungsvorschläge zu vertreten und auch umzusetzen. Der moderne Arbeitsschutz sollte allerdings funktionieren, ohne eine Fachaufsichtsbeschwerde oder Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen.

Das Ziel der Akteure in der Arbeitssicherheit ist es, den Unternehmer dazu zu bewegen, die Hinweise ernst zu nehmen und Lösungsansätze zu unterstützen. In vielen Unternehmen funktioniert das auch recht gut, allerdings ist es manchmal auch nicht möglich. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat ganz oft die Aufgabe, zu überreden, zu belegen und damit eben „darauf hinzuwirken…“